CORONA Gesetzespaket - Zivilrecht
1. CORONA Regeln im Vertragsrecht: Leistungsverweigerungsrecht befristet bis 30.06.2020
Art. 240 EGBGB gibt eine zeitlich befristete Regelung, die ein außerordentliches Leistungsverweigerungsrecht bzw. ein Recht zur Einstellung von Leistungen aus vertraglichen Verpflichtungen aus für ihn wesentlichen Dauerschuldverhältnissen begründen,
wenn
- der Schuldner aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie außerstande ist, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen
- ohne seinen angemessenen Lebensunterhalt oder den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu gefährden.
Die Vorschrift gilt u.a. auch für Leistungen der Grundversorgung wie Telekommunikation, Strom, Gas.
Sinn und Zweck der Regelung: Verbraucher sollen nicht von der Grundversorgung abgeschnitten werden können, wenn sie Corona-bedingt ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können.
Das Leistungsverweigerungsrecht ist befristet auf den 30.6.2020.
Update Stand 30.06.2020
Das Moratorium im Schuldrecht, die Kündigungsregelungen im Miet-und Pachtrecht sowie die Sonderregelungen für Darlehensverträge wurden zunächst jeweils bis Ende Juni 2020 befristet. Eine Verlängerung durch Rechtsverordnung wäre zwar möglich, wurde aber nicht umgesetzt. Somit laufen die Regelungen zum 30. Juni 2020 aus.
Die Kündigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses wegen ausgebliebener Zahlungen für die Monate April, Mai und Juni 2020 ist allerdings erst ab dem 30. Juni 2022 wieder möglich. Zahlungsrückstände ab dem 01. Juli 2020 können aber ab sofort wieder unter den allgemeinen Voraussetzungen eine Kündigung rechtfertigen.
Update Stand 07.04.2023
Die letzten Corona Hilfen sind zum 07.04.2023 ausgelaufen. Den aktuellen Gesetzsstand finden Sie länderübergreifend hier dargestellt.
Leistungsverweigerungsrecht für Kleinstunternehmer
Kleinstunternehmen (entsprechend der Definition der EU- Empfehlung 2003/361/EG bis 2 Beschäftigte und bis 2 Mio. € Umsatz p.a. oder bis 9 Beschäftigte und bis 2 Mio. € Bilanzsumme, wobei Einzelunternehmen einer Unternehmensgruppe zusammengerechnet werden) wird das Recht eingeräumt,
- Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Dauerschuldverhältnis steht, das vor dem 8.3.2020 geschlossen wurde, bis zum 30.06.2020 zu verweigern,
- wenn das Unternehmen die Leistung infolge von Umständen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind nicht erbringen kann
- oder dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.
ACHTUNG: Das Leistungsverweigerungsrecht betrifft alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse, die zur angemessenen Fortsetzung des Erwerbsbetriebes erforderlich sind, also Miete, Pacht, Telekommunikation, Heizung, Gas etc.
Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, das Leistungsverweigerungsrecht durch Rechtsverordnung bis zum 30.9.2020 zu verlängern.
Ausnahmen vom Leistungsverweigerungsrecht
Wichtig: Das Leistungsverweigerungsrecht gilt nicht, wenn die Ausübung für den Gläubiger unzumutbar ist, weil hierdurch die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebs wiederum gefährdet würde.
Für Kleinstunternehmer gilt es auch dann nicht nicht, wenn die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts des Gläubigers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen führen würde.
Die Regelung gilt auch nicht für Miet- und Pachtverhältnisse, da hierfür eine gesonderte Regelung gilt und nicht für Verpflichtungen im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen.
2. Corona Regeln für Mietverhältnisse
Das Recht der Vermieter zur Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen wird beschränkt. Mietschulden, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen den Vermieter oder Verpächter nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses. Den Ursachenzusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtleistung muss der Mieter glaubhaft machen. Von dieser Regelung kann nicht durch eine Individualabsprache zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Die Zahlungsverpflichtung als solche bleibt allerdings bestehen. Ausgeschlossen sind sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Wohnraum oder Geschäftsraum handelt. Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30.9.2022.
Zahlungsrückstände bis 30.06.2020 ausgleichspflichtig
Aber Achtung:
Wegen Zahlungsrückständen, die zwischen dem 1.4.2020 und dem 30.6.2020 eingetreten sind und die bis zum 30.6.2022 nicht ausgeglichen sind, kann anschließend wieder gekündigt werden.
Hinweis: Die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über Fälligkeit und Verzug werden hierdurch nicht berührt, auch nicht die allgemeinen Vorschriften zur Kündigung beispielsweise aus wichtigem Grund.
Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum 1.7.2020 bis längstens 30.9.2020 entstanden sind.
3. Corona Regeln für Verbraucherdarlehen
In Art. 240 EGBGB wurde ein neuer § 3 eingeführt, nach dem zwischen dem 1.4.2020 und dem 30.6.2020 fällige Darlehensforderungen kraft Gesetzes für drei Monate gestundet werden.
Voraussetzungen:
- Der Darlehensvertrag wurde vor dem 15.3.2020 abgeschlossen und
- der Verbraucher hat pandemiebedingt außergewöhnliche Einnahmeausfälle , die ihm die geschuldete Leistung unzumutbar machen. Den Vertragsparteien wird zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt, eine abweichende Vertragslösung zu vereinbaren.
ACHTUNG: Nach den Vorstellungen der Regierung soll die Stundungsfrist dem Verbraucher die Möglichkeit geben, gesetzliche Hilfsangebote wahrzunehmen und Unterstützungsmaßnahmen zu beantragen. Während dieser Zeit sollen die Verbraucher auch vor einer Kündigung des Darlehens wegen coronabedingten Zahlungsverzugs geschützt sein. Die Regelung betrifft Darlehensansprüche, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 fällig werden.
Anschließend sollen die Vertragspartner über die weiteren Rückzahlungsmodalitäten verhandeln. Kommt eine Einigung nicht zustande, verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate, die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben.
Sämtliche Regeln stehen unter dem Vorbehalt, dass diese für den Darlehensgeber unter Berücksichtigung seiner allgemeinen Lebensumstände nicht unzumutbar sind.
Die Bundesregierung hat darüber hinaus die Möglichkeit, die Regelung durch Rechtsverordnung um drei Monate zu verlängern.
Ausweitung auf Kleinstunternehmer möglich
Flankierend wird die Bundesregierung ermächtigt, den Schutz der Darlehensnehmer auf Kleinstunternehmer zu erweitern.
Bundesregierung kann Regelungen verlängern
Gemäß neuem Art. 240 § 4 EGBGB wird der Bundesregierung die Option eingeräumt, die Fristen betreffend der Fälligkeit der Zins und Tilgungsleistungen durch einfache Verordnung bis zum 30.9.2020 zu verlängern sowie die Verlängerung der Vertragslaufzeit auf zwölf Monate auszudehnen, sofern das soziale Leben und die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Menschen weiterhin in erheblichem Maße beeinträchtigt bleibt.
Bankenverband opponiert gegen die Regelungen
Der Bankenverband, eine wichtige Lobbygruppe meint dazu (Link zur Fundstelle):
"Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 23. März 2020 enthält in Artikel 5 einen dreimonatigen Zahlungsaufschub für Darlehensnehmer bei Verbraucherdarlehensverträgen (Art. 240 § 3 EGBGB). Die Neuregelung ist am 1. April 2020 in Kraft treten. Nach Einschätzung der Deutschen Kreditwirtschaft bedarf es dringend einer Nachbesserung, um die derzeitige Regelung einerseits praktikabel auszugestalten und andererseits unbillige Härten zu vermeiden.", so der Bankenverband