Investments und Geldanlagen
Widerruf von Kreditverträgen und Lebensversicherungen
Gerade in Zeiten der Niedrigzinsen ärgern sich viele Verbraucher über die teuren Darlehensverträge, die sie in den Jahren nach 2002 abgeschlossen hatten. Gerne würde der ein oder andere ein günstigeres Angebot zu den heutigen Niedrigstzinsen nutzen.
Oder: Ihr Darlehensvertrag wurde in den letzten Jahren vorzeitig beendet und die Bank hatte eine sog. Vorfälligkeitsentschädigung verlangt, oft Beträge im fünfstelligen Bereich.
Oder: Der Rückkaufswert Ihrer Lebensversicherung ist wesentlich niedriger als alle Ihre bisherigen Einzahlungen, Sie brauchen aber jetzt das Geld ... oder der der Lebensversicheurng zugrunde liegende Fonds bringt nicht die Performance, die erwartet wurde .... oder ...
Dann lohnt der Blick auf die sog. Widerrufsbelehrung des alten Vertrages: Ist diese unwirksam, dann kann dieser rückabgewickelt werden. Das betrifft sowohl Verbraucherkreditverträge als auch alle Arten von Versicherungen!
Hintergrund: Der deutsche Gesetzgeber hatte seit 2002 eine fehlerhafte Formulierung vorgegeben, die die Verbraucherrechte stärken sollte, die aber den Gesetzestext - der wiederum auf EU Vorgaben beruhte - nicht korrekt erfüllte.
Einzelne Banken, aber auch Versicherungen, verwendeten diese fehlerhafte Formulierung des Gesetzgebers, diese genießen heute „Vertrauensschutz“ in die gesetzgeberische Maßnahme. Deren Widerrufsbelehrungen können somit nicht angegriffen werden.
Diejenigen Banken und Versicherungen aber, die die fehlerhafte Formulierung des Gesetzgebers nach eigenem Gusto abgeändert und dabei juristische Fehler gemacht haben, sind diejenigen, deren Widerrufsbelehrungen angreifbar sind.
Zahlreiche Verbraucherkreditverträge, auch Hausfinanzierungen betreffend, haben solch fehlerhafte Widerrufsbelehrungen und können demzufolge rückabgewickelt werden, wie eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Hamburg ergab:
Danach sind bis zu 82,99 % der Widerrufsbelehrungen der Banken unwirksam! Auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind ähnlich verheerend betroffen!
Wie aber sieht nun z.B. eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung aus? Hier ein Beispiel:
"Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei
Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform
(z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt
frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung
der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung
des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: …"
Erkennen Sie den Fehler? Er liegt im Wörtchen „frühestens“ begründet! Um solche Fehler zu erkennen, bedarf es sicherlich einer anwaltlichen Beratung.
Folge: Die an die Bank bezahlten Zinsen und die Vorfälligkeitsentschädigung müssen an den Verbraucher von der Bank erstattet werden! Diese verbraucherfreundliche Handhabung wurde durch eine Reihe von BGH Urteilen möglich, die seit Januar 2013 bis Mai 2014 ergangen sind, vgl. z.B. BGH 17.1.2013, Az III ZR 145/12; BGH 18.3.2014, Az. II ZR 108/13 und BGH 7.5.2014, Az. IV ZR 76/11.
Stiftung Warentest stellt für den Widerruf mittlerweile Musterbriefe auf ihrer Webseite zur Verfügung. Wir warnen jedoch vor der unkritischen Verwendung dieser Musterbriefe, da erst eine anwaltliche Prüfung der Sach- und Rechtslage durchgeführt werden sollte, bevor gehandelt wird.
Die bisherige Erfahrung zeigt zudem, dass die Banken die Rückzahlung mit unterschiedlichsten Begründungen ablehnen. Dann können aber Rechtsnachteile drohen: Denn in diesem Fall beginnt die in der Regel dreijährige Verjährung zu laufen. Bei Verhandlungen sonstiger Art, in denen Sie Ihre Kenntnis von der Unwirksamkeit kundtun, kann unabhängig von Verjährung sogar frühere Verwirkung eintreten.
Bei laufenden Finanzierungen muss zudem erst die Umfinanzierung geklärt sein, da binnen 30 Tagen die Rückzahlung erfolgen muss, wenn die Bank sich – wider Erwarten – auf das Anschreiben einlässt und den Vertrag rückabwickelt.